Poetics of reality (encoded) bringt erstmals die Werke von Brigitte Kowanz und dem Kollektiv Troika zusammen und verdeutlicht im Dialog deren experimentellen Umgang mit menschlicher Wahrnehmung, sowie der Übertragung und Vermittlung von Informationen. Dieser Viewing Room greift die Werke der Ausstellung auf und ordnet sie thematisch den Kapiteln perception and space, language and codes und politics and change zu.
Über die Themenbereiche werden Verbindungen der beiden Positionen nachgezeichnet, wodurch sich ein vielseitiger Einblick in Brigitte Kowanz’ und Troikas Werk eröffnet. Durch das Anklicken der Werkfotos öffnen sich zusätzliche Informationen, weitere Fotos und Werktexte.
Ausstellungsansicht | Poetics of reality (encoded) | brigitte kowanz and troika | Photo: Dirk Tacke
Troika ist ein kollaboratives Künstler/innenkollektiv, das 2003 von Eva Rucki (*1976, Deutschland), Conny Freyer (*1976, Deutschland) und Sebastien Noel (*1977, Frankreich) gegründet wurde. Die Künstler/innen leben und arbeiten in London.
Mit einem besonderen Interesse an den subjektiven und objektiven Lesarten von Realität und den verschiedenen Beziehungen, die der Mensch zur Technologie eingeht, untersucht Troika, wie in der digitalen Welt Informationen übermittelt werden und in die physische Realität übergehen. Ihre Werke beschäftigen sich mit unterschiedlichen Systemen von Repräsentation und verdeutlichen, wie der technologische Fortschritt und die menschliche Realität sich gegenseitig beeinflussen.
"By creating work based around the idea of a multi-facetted truth whereby opposites can co-exist in the same space this idea might come to the fore. Working as a collective has contributed to our understanding that reality is a very personal matter." – Troika
Troika (2018) | Photo: Studio Troika
Der österreichischen Künstlerin Brigitte Kowanz (1957-2022, Wien) diente Licht als primäres künstlerisches Gestaltungsmedium, dessen unterschiedliche Erscheinungsformen sie in Objekten, Installationen und Rauminterventionen unter Verwendung verschiedener Leuchtmittel fortwährend befragt. Das Medium Licht wird dabei als eigenständiges Phänomen, zugleich auch als Material und Informationsträger, erfahrbar gemacht und so zu einer Metapher für die Suche nach neuen Darstellungsformen der sichtbaren Wirklichkeit. So verbindet sie in ihren Arbeiten Sprachliches – politische Aussagen und Nachrichtenübertragungen – mit formaler Ästhetik und veranschaulicht, dass Licht nicht bloß ein neutrales Vehikel für Information ist, sondern diese entscheidend mitgestaltet.
„Licht ist ein faszinierendes Material – es ist die Grundlage aller Sichtbarkeit und allen Verständnisses, Licht ist Grundlage des Lebens und Licht ist Information.“ – Brigitte Kowanz
Brigitte Kowanz (2020) | Photo: Mato Johannik
Brigitte Kowanz‘ Installation Relations (2021) setzt sich aus neun weißen Neonlicht-Ringen mit eingeschriebenen Morse-Codes zusammen, die vor einer großformatigen Spiegel-Glas-Wand zu schweben scheinen. Bezugnehmend auf die neun Buchstaben des Titels der Arbeit „Relations“, stellt jeder der neun einzelnen Ringe einen Buchstaben aus dem Morsealphabet dar. Die Lichtsegmente verbinden sich so selbstreferentiell zueinander, wobei die Größe der Ringe jeweils von den Buchstaben vorbestimmt sind. Wie eine dreidimensionale Zeichnung verlaufen von ihnen ausgehend Kabel zum Boden, die als Metapher für Verbindung und Vernetzung stehen.
Die Spiegelwand fungiert als Multiplikator und vervielfacht die Lichtkreise ins Unendliche: Relations zeichnet sich wesentlich durch diese räumliche Expansion aus, in welcher der reale Raum mit virtuellen, gespiegelten Räumen zusammentrifft und sich verbindet. Dadurch entstehen „Übergänge, Transformationen und Spiegelungen von Spiegelungen, verschachtelte Räume mit eigenen Öffnungen“, in denen Betrachtende durch ihr Spiegelbild zur Teilnahme herausgefordert sind und Element einer scheinbar grenzenlosen Installation werden.
Photo: Dirk Tacke
„Der Betrachter begegnet sich durch den Spiegel selbst, während er im Objekt steht. Das ist mehr als nur ein normales Spiegelbild. Bei diesen Arbeiten findet man sich in virtuell erzeugten Räumen wieder. Ich versuche, die Betrachtenden in diesen Räumen mit Philosophie, Sprache und aktuellen sozio-politischen Fragestellungen zu konfrontieren. Das ist eine ganz wichtige Sache. Dazu gesellt sich die naturwissenschaftliche Seite. Die Beobachtung und die Präsenz von Licht sind ja etwas sehr Elementares, das jeder täglich erleben kann.“
– Brigitte Kowanz
Photo: Dirk Tacke
In Borrowed Light (2020) sind Diafilmstreifen, die zuvor mit farbigem Laser belichtet werden, auf der Vorder- und Rückseite einer Acrylplatte fixiert, die diagonal in einer Acrylbox steht. In der Mitte der Platte überschneiden sich die zwei belichteten Filmstreifen mit unterschiedlichen Farbverläufen, deren Wirkung sich dadurch verstärkt.
Es entsteht ein Fluss intensiver Farbfelder, vergleichbar mit einem abstrakten fotografischen Bild. Das Werk folgt der Idee eines abstrakten Sonnenaufgangs oder Sonnenuntergangs, in der das Farbspektrum dieses besondere Lichtereignis repräsentiert. Der Sonnenuntergang ist eines der am häufigsten aufgenommenen und reproduzierten fotografischen Motive und stellt den Versuch dar, dieses vergängliche Naturereignis digital festzuhalten. Troika verbinden in ihren Arbeiten analoge und digitale Techniken, um mit nicht-materiellen oder ephemeren Medien, wie Licht zu arbeiten und um deren Rezeption als etwas Wandelbares, anstatt Absolutes zu gestalten. Die Künstler/innen erweitern das zweidimensionale Bildmedium zu einem dreidimensionalen Objekt und erkunden, wie Technologie die menschliche Beziehung zur Realität verändert und die digitale Welt zunehmend in die physische Welt hineinreicht.
Photo: Dirk Tacke
Troika, Borrowed Light (2018)
Video of the installation at Barbican Center, London (2018-2019)
Wie sehr der digitale Fortschritt auch unsere Sprache verändert, verdeutlicht Brigitte Kowanz‘ neue Serie der Acronyms (2020). In der Handschrift der Künstlerin stellen sie gängige Abkürzungen englischer Redewendungen im alltäglichen digitalen Austausch wie tbh (to be honest), afaik (as far as I know), oder omg (oh my god) in Leuchtschrift dar.
Die Neontexte sind handschriftlich entworfen und bringen auf der einen Seite ein zeichnerisches Element und einen eigenen Rhythmus in die Werke, auf der anderen Seite sind die Akronyme nochmals zusätzlich codiert, da der handschriftliche Text oft nicht mehr für jeden zu dechiffrieren ist. Die Akronyme stehen sinnbildlich für die Geschwindigkeit und Internationalität heutiger Kommunikation.
In den beiden Werke tbh und afaik (beide 2020) erweitert Brigitte Kowanz die Ebene der Übersetzung und Transformation von Sprache durch einen weiteren Vorgang. Die beiden Schriftzüge sind in einer Glas- und Spiegelvitrine eingebettet, durch welche sich die Schrift ins scheinbar Unendliche vervielfältigt. Gleichzeitig wird durch eine konvexe Spiegellinse auch der/die Betrachter/in in das Kunstwerk miteinbezogen und sieht sich und den eigenen unmittelbaren Umgebungsraum mit der Schrift verwoben. Denn für Kowanz ermöglichen „Spiegel als Material künstlerischer Arbeiten, Rezipientinnen und Rezipienten mit einzubeziehen, sie oder ihn Teil der Arbeit werden zu lassen und virtuelle Räume zu erzeugen.“
Photo: Peter Hoiss
"We are interested in systems and models that we as humans set up to create order, sense, purpose and stability. These systems can be religious, scientific or whatever, but people often mistake these models for reality. We’re fascinated by how these models become the status quo; the ultimate truth, even though they are just models that we set up to eliminate uncertainty."
– Troika
Photo: Studio Troika
Die Wandarbeit Unstable Construct (2021) zeigt ein Farbfeld auf fotografischem Diafilm, dessen Farbigkeit je nach Standpunkt variiert. Die Form bezieht sich auf das architektonische Element einer Säule, deren Oberfläche durch Veränderung des Standorts zu changieren beginnt und ein fließendes Farbspektrum entfaltet. Durch den Einsatz von farbigem Licht, das auf den digitalen RGB-Farbraum Bezug nimmt, treffen beim Entwicklungsprozess analoge und digitale Komponenten aufeinander. Troikas Interesse an der Überlagerung und Verschränkung von physischer und virtueller Welt wird hier deutlich. Sie hinterfragen Rezeptionsgewohnheiten und fordern den Zustand aktiver Wahrnehmung im realen Raum. Sie verweisen darauf, dass die meisten unserer alltäglichen Handlungen, Interaktionen oder Entscheidungen auf die eine oder andere Weise durch Technologien gesteuert, verändert, unterstützt oder gefördert werden. Das Werk verdeutlicht, wie veränderbar und abhängig die Realiät von der Perspektive ist, die man zu ihr einnimmt, dass selbst ein scheinbar fest konstruiertes Objekt wie eine Säule, visuell zur Disposition stehen kann.
Photo: Dirk Tacke
"The colour gradient on the film are achieved by exposing the photographic emulsion of the transparent film to red, green and blue coloured lasers. It is the same colour system native to the computer. The colour gradients, precisely created within the digital environment, are thus transferred to the analogue films, physically manifesting the computer logic. The result is this unstable object, which hue constantly shifts, and whose diaphanous physicality oscillates between solid and gaseous. An aesthetic were digital and physical worlds collide, overlap and inform each other. A world not merely seen through, but now also built in RGB."
– Troika
Photo: Dirk Tacke
In ihrer Lichtskulptur Chances aus der Serie der Networks (2020) visualisiert die österreichische Künstlerin das komplexe Verhältnis von Sehen, Lesen und Verstehen, Wahrnehmen und Erkennen anhand von Morsecodes, die den Leuchtröhren eingeschrieben sind. Die Verknüpfung von Sprache und Licht steht auch in diesem Werk im Vordergrund, so ergibt sich die Segmentierung und Länge der Neonröhren unter anderem aus der Syntax der Werktitel – hier Chances - übertragen in den binären Code: jede Röhre stellt einen Buchstaben im Morsealphabet dar. Diese Linearität und Logik des Aufbaus wird unterbrochen durch die eigentliche Formfindung, welche durch den Zufall bestimmt wird. Durch das Fallenlassen von Miniaturmodellen, der aneinandergereihten und verbundenen Teile in massstabgetreuer Länge, ergibt sich die Form der anschliessend in Neon übertragenen Arbeit. In dieser Vorgehensweise bezieht sich Kowanz auf eine Technik von Marcel Duchamp, der mit seinem Werk 3 Stoppages Étalon (1913/14) den Zufall als ästhetisches Prinzip in der Kunst begründete. Die schwarzen Kabel sind nicht nur technisches Hilfsmittel, sondern liegen als Raumzeichnungen auf dem Boden, um die Verbindung von Sprache, Licht und Technik nochmals hervorzuheben.
Photo: Dirk Tacke
Das Morsealphabet ist ein früher binärer Code aus nur zwei Elementen: kurz – lang, ein – aus, mit dem jede Komplexität erzeugt werden kann. Der Morsecode – oder die Übertragung von Sprache in Licht und Ton dient bei Brigitte Kowanz zugleich als formales Element, wie auch als Träger einer zweiten Bedeutungsebene, in welchem sich ihr Interesse für die Kommunikation, Übermittlung und Übersetzung von Sprache und Codes widerspiegelt. Brigitte Kowanz kombiniert bereits seit den späten 1980er-Jahren Licht häufig mit Schriftzeichen und sprachlichen Codes, um das komplexe Verhältnis von Sehen und Verstehen, Wahrnehmen und Erkennen zu visualisieren. Licht ist dabei Material und Informationsträger zugleich, das nicht nur beleuchtet, sondern als eigenständiges Phänomen, ähnlich wie Sprache und Schrift, Bedeutung generiert.
Photo: Dirk Tacke
Reality is Not Always Probable (2021) ist in der Gesamtform ein würfelförmiges Wandobjekt, das sich im Detail wiederum aus Tausenden von schwarzen und weißen Würfeln zusammensetzt. Durch manuelles Nachahmen eines binären Computerprogramms, wird die Anordnung der einzelnen Elemente auf Basis der Farbe der Würfel bestimmt. Die Vorderseite zeigt ein verschachteltes Muster, während sich die Augenwerte der Würfel an den Seiten ständig wiederholen und den Anschein erwecken, als könnte sich das Objekt endlos in den Raum erstrecken. Troika interessieren sich für die Auswirkungen von digitalen Messungen und wissenschaftlichen Bewertungen auf unsere Gesellschaft und das reale Leben. Gleichzeitig verweisen sie darauf, dass unsere alltäglichen Handlungen von digitalen Technologien geprägt sind. Dem Algorithmus von Reality is Not Always Probable liegt das System des zellulären Automaten zugrunde, der auch zur Simulation von gesellschaftlichem Wachstum angewendet wird. Die kalkulierte Platzierung der Würfel steht antagonistisch zu ihrer symbolischen Kraft des Zufalls und verdeutlicht, dass die Realität, trotz erhöhter Kontrolle durch digitale Technologien – zumindest in Teilen – unkalkulierbar bleibt.
Photo: Dirk Tacke
"The dice are used to reference our traditional relationship with fate and chance, while the algorithms are an expression of a rapid technological and societal change, that has made them a powerful tool to both simulate and predict our everyday reality."
– Troika
Photo: Studio Troika
Reality is Not Always Probable (2021) ist ein Wandobjekt, dessen wellenförmiges Muster sich aus der Anordnung tausender bunter und weißer Würfel ergibt. Ausgehend von Troikas Interesse an den Zusammenhängen zwischen Zufall und Kontrolle stellt die Arbeit die Materialisierung einer computerbasierten Simulation dar. Der Algorithmus, der auf dem Modell des zellulären Automaten beruht, erzeugt spontane Systeme, deren Ausgangspunkt von Troika festgelegt ist. Die Anordnung der Würfel in einer Zeile bestimmt die der nächsten, wodurch komplexe Abfolgen entstehen, die sich nach dem binären Prinzip Farbe bzw. Nicht-Farbe ergeben. Troikas Würfelarbeiten beziehen sich auf die historische Verwendung von Würfeln als Mittel zur Bestimmung von Schicksal, Zufall und Glück. Der Würfelwurf beruht auf den Wahrscheinlichkeitsgesetzen zu denen der Prozess des Algorithmus konträr verläuft. Er ist autonom und kann unabhängig vom Alltagsleben existieren, während das reale Leben zunehmend durch computerbasierte Systeme beeinflusst wird. Die Arbeit verdeutlicht Troikas Untersuchungen, sichtbar zu machen, wie neue Technologien die physische Realität und deren individuelle Wahrnehmung durchdringen.
Photo: Dirk Tacke
Im Rahmen ihrer Repräsentation im Österreichischen Pavillon auf der 57. Biennale von Venedig im Jahr 2017 zeigte Brigitte Kowanz eine Reihe von Werken, die sich explizit dem Thema der Digitalisierung widmeten. In ihrem Werk Email 02.08.1984 03.08.1984 (2020) findet sich der Morsecode in transformierter Form wieder, indem das Datum des Versands der ersten E-Mail auf einem iPad als Lichtsignal und akustisches Signal erscheint. Das neongelbe Kabel – in Anspielung auf die Neonröhren, welche Brigitte Kowanz in ihren Werken meist verwendet – bildet eine geschwungene Bodenzeichnung, in welcher sich das gleiche Datum zusätzlich in ausgeschriebenem Morsecode wiederfindet.
Brigitte Kowanz spricht über diese neuen Werke: „Im Zentrum der Auseinandersetzung standen Daten, Codes und Licht als Information. Hatte ich bis dahin an den Ursprüngen der Informationsübertragung mit Licht (elektromagnetische Wellen) – dem Morsecode – gearbeitet, richtete sich mein Interesse nun an die Gegenwart, die Digitalisierung, das Internet – die digitale Gesellschaft. Licht ist nicht nur die Grundlage allen Lebens, es ist ebenso die Basis post-analoger Kommunikation.“
Photo: Dirk Tacke
Bei Mindfulness (2020) handelt es sich um ein Werk aus Brigitte Kowanz’ Reihe von installativen Kuben für den Innen- und Außenraum, die als kleine Spiegelkabinette für das Auge konzipiert sind. Der Werktitel wird darin als Neonschrift vielfach wiederholt, überlagert und verdichtet, sodass ein visueller Sog entsteht, der die Betrachtenden in mentale Sphären entführt. Der Kubus verschmilzt durch die Spiegelungen mit seiner Umgebung und bezieht über den verspiegelten Sockel die Betrachtenden und den Raum mit ein.
Photo: Studio Kowanz
„Licht, Raum und Sprache sind zunächst unfassbare Medien. In vielen meiner Arbeiten geht es darum, Konstellationen zu erzeugen, in denen diese Medien einander wechselseitig sichtbar und erlebbar machen, sich manifestieren und zugleich ihre Selbstreferenz offenlegen. Erst in ihrer Manifestation werden Licht, Raum und Sprache real.“
– Brigitte Kowanz
Photo: Dirk Tacke
Troikas Serie Irma watched over by machines (2019-2020) zeigt von Überwachungskameras aufgezeichnete Bilder während des Hurrikans Irma im Jahr 2017, der mit seinen andauernden hohen Windgeschwindigkeiten Rekordstärken verzeichnete. Die Künstler/innen übertragen die Filmaufnahmen im Originalfarbspektrum RGB der digitalen Bildsensoren in eine malerische Komposition. Um analog die Farbigkeit der vergrößerten Pixel aus je 16 Rot-, Grün- und Blautönen herzustellen, imitieren sie einen Algorithmus, der in solchen Rastergrafiken die genauen Farbinformationen mit benachbarten Helligkeitswerten berechnet bzw. interpoliert. Die Werke stellen die verheerenden Auswirkungen der Naturkatastrophe den neutralen Augen und der gnadenlosen Logik einer künstlichen Intelligenz gegenüber. Die Aneignung der Funktionsweise von Algorithmen in ihr künstlerisches Verfahren kann dabei als Ausdruck eines rapiden technologischen und damit verbundenem gesellschaftlichen Wandels verstanden werden, den Troika in ihren Werken reflektieren.
Photo: Dirk Tacke
"The paintings present images of hurricanes captured by outdoor networked cameras, and are painted, in the raw bayer pattern that both the cameras and the computers record and see. The world in red, green and blue, has seen by a nascent sentient AI. The brute force of the weather mirrored in the brute logic of the machine."
– Troika
Photo: Dirk Tacke
Brigitte Kowanz‘ Werk mit dem Titel UN Climate Change Conference Paris 30.11.2015 12.12.2015 (2019) bezieht sich auf die Daten des Klimaübereinkommens von Paris, das seit seiner Verabschiedung alle unterzeichnenden Staaten zur Begrenzung menschlich induzierter globaler Erwärmung verpflichtet. In Morsecode hat die Künstlerin die bedeutungsträchtigen Daten der Verhandlungen in die spiralförmig geschwungenen Leuchtröhren eingeschrieben, die sowohl als Zeugnis europäischer Zeitgeschichte als auch Erinnerung an die globale Verantwortung jedes Einzelnen stehen. In weiteren Werken der Serie der Codes and Cables, wie z.B. World Wide Web 12.03.1989 06.08.1991 (2017) oder Email 02.08.1984 03.08.1984 (2020) verewigt Kowanz Wegmarken der politischen Einigung oder digitalen Revolution, sowie Zäsuren unserer Gegenwart, die gesellschaftliche und politische Umbrüche mit sich gebracht haben. Die UN Climate Change Conference Paris 30.11.2015 12.12.2015 (2019) unterscheidet sich von diesen Werken durch einen offeneren Umgang mit Neon und Raum, die Neonröhren überschreiten die Grenzen der Glas- und Spiegelvitrine in den realen Raum und öffnen so neue Verschränkungen von Spiegelung, Licht, Raum und Betrachtenden. Kowanz beschreibt ihr Interesse dafür wie folgt: „Der Betrachter begegnet sich durch den Spiegel selbst, während er im Objekt steht. Das ist mehr als nur ein normales Spiegelbild. Bei diesen Arbeiten findet man sich in virtuell erzeugten Räumen wieder. Ich versuche, Betrachterinnen und Betrachter in diesen Räumen mit Philosophie, Sprache und aktuellen sozio-politischen Fragestellungen zu konfrontieren.“
Photo: Dirk Tacke
„Brigitte Kowanz’ Lichtarbeiten bieten nicht nur eine sinnliche Erfahrung, sondern thematisieren auch eine technische Entwicklung, die das menschliche Leben radikal veränderte: das Internet. Die Menschen leben seit fünfundzwanzig Jahren nicht nur in realen Räumen, sondern auch in virtuellen Räumen.“
– Peter Weibel, Botschafterin des Lichts, Katalog zur Venedig Biennale Teilnahme (2017)
Brigitte Kowanz, Artist's Practice
Video for the Austrian Pavilion at 57th Venice Biennale (2017)
Brigitte Kowanz wurde 2009 mit dem Großen Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet und bespielte 2017 den Österreichischen Pavillon auf der 57. Biennale von Venedig. 1997-2021 hielt sie eine Professur an der Universität für Angewandte Kunst in Wien. Umfangreiche Einzelausstellungen der Künstlerin fanden im Museum Haus Konstruktiv in Zürich (2020), Galerie im Taxispalais in Innsbruck (2011) und Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig in Wien (2010) statt.
→ weitere Informationen zu Brigitte Kowanz
Photo: APA | Georg Hochmuth
Ausgewählte Einzelausstellungen von Troika fanden in der Barbican Gallery in London (2019), NC Arte in Bogota (2015) und Daelim Museum in Seoul (2014) statt. Troikas medienübergreifende Arbeiten sind Teil der Sammlungen des Centre Pompidou in Paris, des M+ in Hongkong, des Victoria & Albert Museums in London, des Art Institute of Chicago, des MoMA in New York, der Jumex Collection in Mexiko City und des Israel Museums in Tel Aviv. Im Jahr 2010 realisierte Troika drei ortsspezifische Installationen für den Britischen Pavillon auf der Weltausstellung Expo in Shanghai.
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Photo: Studio Troika
Weitere Informationen zur Ausstellung poetics of reality (encoded) inklusive einem Ausstellungsvideo finden Sie hier.
Die Ausstellung ist von Madeleine Freund kuratiert, in Kollaboration mit galería OMR, Mexico City entstanden und gefördert durch NEUSTART KULTUR der Stiftung Kunstfonds.
→ zum Ausstellungstext von Madeleine Freund